Beim Eisblock untertage
Die TG De Hechte erkundete die Baustelle der Wehrhahnlinie, staunte über viele technische Raffinessen und sah sogar einen Altar
Besuche der U-Bahn-Baustelle Wehrhahnlinie sind bei der Tischgemeinschaft de Hechte schon Tradition. Erneut ließen sich Tischfreunde kürzlich unter Tage vom Projektleiter Gerd Wittkötter über den Baufortschritt informieren. Sieben Hechte, vorschriftsmäßig eingekleidet mit Warnwesten, Sicherheitsgummistiefeln und blauen Besucherhelmen, stiegen 25 Meter unter den Corneliusplatz hinab.
Links in Richtung Kaufhof steht man vor einer sogenannten Schottwand, die erst durchbohrt wird, wenn der Marlies-Tunnel unter dem Kaufhof gesichert und abgedichtet ist. Von hier gehen die Hechte zunächst unterirdisch durch den fast fertig gestellten Tunnel Richtung Schadowstraße. Es ist erstaunlich, was hier unten geleistet worden ist. Wenn man bedenkt, dass man erst seit Mitte der achtziger Jahre in der Lage ist, mit Tunnelvortriebsmaschinen durch Kies-Sand- Böden im Grundwasser zu bohren und dass momentan über dem Tunnelfirst zehn Meter Grundwasser anstehen, wird das Bauvorhaben noch imposanter. In diesem Abschnitt fehlen nur noch das Schotterbett, Gleise und die Verkabelung. Der U-Bahnhof Schadowstraße mit dem Aufgang zur Tuchtinsel ist noch nicht so weit; hier werden noch die Stützen und Wände gebaut, die die Ebenen mit den Rolltreppen bis hinunter zum Gleis tragen. Man kann sich von oben nicht vor- stellen, was hier für eine logistische Meisterleistung erbracht wird. An der ganzen Wehrhahnlinie arbeiten momentan etwa 400 Menschen, die meisten im Sechs-Tage- Schichtbetrieb. An einigen Stellen wird sogar an allen Tagen rund um die Uhr gearbeitet.
Unter der Tuchtinsel beginnen die Hechte wieder mit dem Aufstieg. Auf halber Strecke nach oben kommt man auf die Verteilerebene, von der man noch mal einen eindrucksvollen Blick auf die Arbeiten hat. Auf dieser Zwischenebene haben die Arbeiter unter anderem für zwei Hochzeiten, die hier im Kollegenkreis begossen wurden, einen kleinen Altar gebaut.
Jonges im Tunnel Foto: Guido Moore
Der ganze Kaufhof wird im Lot gehalten und gestemmt
Wieder in Tageslicht und Sommerhitze angekommen, schlendert die Gruppe über die Schadowstraße zurück zum Corneliusplatz und klettert nun an der linken Seite der Schottwand hinunter. Das ist die Seite, die zum Kaufhof gewandt ist. Hier wird den Hechten der Bau des Marlies-Tunnels gezeigt. Um diesen Tunnel zu erstellen, musste erst das Erdreich unter dem Kaufhof komplett vereist werden. Dies alleine hat ein halbes Jahr gedauert. Der Kaufhof steht momentan auf dem größten künstlichen Eisblock Europas. Um sicherzugehen, dass das Gebäude nicht absackt, sind insgesamt 850 Sensoren im Einsatz, die dessen Position überwachen. Es sind sogar Injektionsrohre unter den Fundamenten des Kaufhofs eingebaut, um eine eventuelle Schieflage auszugleichen. Derzeit steht der Kaufhof etwa 1,5 Zentimeter höher als vor dem Baustart der Wehrhahnlinie.
Unten in der Vereisung sieht man, wie die mit Salzwasser gefüllten Kühlleitungen rund um die Tunnelform ins Erdreich führen.
Oberirdisch steht eine Kühlanlage mit einer Kapazität von rund 3.500 Haushaltskühl- schränken, die das Salzwasser kühlt. Diese Kühlkapazität benötigte man nur zum Erstellen des Eisblocks, zu seiner Erhaltung wurde die Kühlanlage dann auf halbe Leistung zurückgeschaltet.
Projektleiter Wittkötter ist mit Herz und Seele dabei und stolz auf sein Team. Er ist seit 2006 in Düsseldorf, die Wehrhahnlinie wird wohl sein letztes berufliches Projekt sein, und offenkundig setzt er alles daran, dass es die meisterliche Krönung seines Arbeitslebens wird. ■ Guido Moore
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